Meine Arbeit mit Molly und Stromer
im Altenheim Hueberspflege in Würzburg
von Michaela Weidling
Referat zum Thema "Tiergestützte Therapie"
anläßlich des zehnjährigen Bestehens des Vereins "Tiere helfen Menschen, e.V." in Würzburg, 1997
Mein ganzes Leben wurde ich von Tieren begleitet und sie bedeuten
eine große Bereicherung für mich.
Auch konnte ich in meinem Geschäft beobachten, welche Freude viele Kunden mit unseren Hunden haben und wie umgekehrt die Tiere auf die Leute reagieren.
Mein Pudel und später meine zwei Möpse konnten sehr bald
unterscheiden, wer sie mochte und wo sie unwillkommen waren.
Jedoch die Freude überwog.
So lernte ich vor ca. 3 Jahren den Verein "Tiere helfen Menschen" kennen und dessen Ziele. Eigentlich praktizierte ich diese Grundidee schon lange in meinem Betrieb.
Meine Hunde begleiteten mich fast immer bei Hausbesuchen in Altersheime.
Ich entschied mich nach reiflicher Überlegung für den Besuchsdienst mit meinen Hunden in einem Altersheim auf der Pflegestation.
Dabei war ich mir von vorneherein darüber klar, daß dies keine kurzfristige Sache sein kann.
Nach einer Verabredung mit der Stationsschwester traf ich mich mit ihr
zu einem Gang durch alle Zimmer der Pflegeabteilung.
So konnten wir feststellen wer von den alten Leutchen einen Bezug zu Tieren hat und wie die Reaktion von allen Beteiligten ist. Sehr schnell stellte sich heraus, wer Tierfreund
war und es sehr bedauerte, selbst kein Tier mehr halten zu können.
So besuchte ich Sonntag für Sonntag zwei alte Damen deren baldige Sorge dann war, daß ich sie einmal vergessen könnte. Genauso freuen sich die Hunde aufs Heim, weil man hier viele Streicheleinheiten bekommt, auf dem Schoß sitzen darf und auch so manches Leckerle erhält.
Man muß über manches "zuviel Verwöhnen" hinweg sehen können,
weil die Zeit mit den Tieren voll genossen wird.
So wurde unser Stromer mit ins Bett genommen, er mußte trösten, sich in die Arme schmiegen, zuhören, weil man die Nachricht eines verstorbenen Freundes erhalten hat.
Es geschah schon manchesmal, daß eine gedrückte
Stimmung vorherrschte, aber wenn wir wieder gingen wurde gesungen.
Die Hunde sind einfach eine Abwechslung und Aufmunterung im Heimalltag.
Lange bemühte sich das Personal, eine der Damen
zum Laufen zu bewegen, was kaum gelang.
Wenn aber die Hunde kamen, ließ sie es sich nicht nehmen, uns den
ganzen langen Gang bis zum Ausgang zu begleiten, um uns nachzuwinken.
Heute ist die Situation so, daß ich nicht jeden Sonntag
gehen kann, was als nicht schlimm empfunden wird.
Hauptsache ist, daß wir kommen und dies zuverlässig.
Es kommt immer wieder die Frage: "Sie vergessen uns doch nicht?".
Mittlerweile hat sich auch zum Heim ein ganz besonderes Verhältnis entwickelt. Man hat ein Dazugehörigkeitsgefühl bekommen. Wenn wir das Haus betreten, ist ein allgemeines freudiges Begrüßen da.
Leute die sonst auf einen Gruß keine Reaktion zeigen, lächeln plötzlich und grüßen zurück.
Man wird von verschiedenen alten Leuten in den Arm genommen, gestreichelt, gedrückt und man bekommt vermittelt, daß man gebraucht wird.
Hinzu kommt, daß einem ein unendliches Vertrauen entgegengebracht wird.
Allerdings beschränkt sich mein Besuchsdienst mittlerweile nicht nur auf den Besuch mit den Hunden. Man hört zu, man nimmt Anteil an Sorgen und Nöten, man vermittelt, man besorgt mal dies oder das. Man fährt mit dem Rollstuhl mal in die Stadt oder weist auf ein interessantes Fernsehprogramm hin und ruft an. Oder man bringt Sachen mit, auf die ein alter Mensch ab und zu Gelüste hat, wie z.B. ein kühles Bier, ein Eis, einen echten Bohnenkaffee, eine echte hausgemachte Fleischbrühe oder einen frischen Obstsalat.
Kurzum, man lernt die Bedürfnisse und Wünsche von Heimbewohnern genau kennen.
Selbst hat man dann oft mit seinem Gewissen zu kämpfen, weil man noch viel mehr gebraucht würde, man noch mehr tun könnte, wenn man mehr Zeit hätte.
Zudem starb eine der alten Damen, und dies ging sehr unter die Haut. Im Laufe der Zeit hatte sich eine echte Beziehung entwickelt. Die Nachfolgerin ist eine ganz andere Person und man muß sich auf die neue Situation einstellen.
Diese Frau ist zuerst immer negativ eingestellt, wenn wir kommen. Äußerungen wie "die Hunde stinken, die sind zu dick" oder sonstiges sind ihre Begrüßung. Jedoch ist nach kurzer Zeit die Reaktion so, daß sie aus ihrem Bett aufsteht, sich zu uns gesellt und später ein Lächeln zeigt.
Ab und zu kommt auch hier ein "Danke" oder "Sie kommen doch wieder?".
Dies zeigt, daß man selbst negative Reaktionen nicht zu persönlich nehmen sollte; man muß sich auf die jeweilige Tagessituation jedes einzelnen Menschen einstellen können.
Für mich selbst ist dieser Besuchsdienst zur Bereicherung meines Lebens geworden und ich könnte meine alten Leute nicht mehr im Stich lassen.
Man bekommt Lebenserfahrung und Lebensweisheiten vermittelt.
Man bekommt zu sehen wie gebrechliche Menschen
sich trotzdem noch ein Stück Lebensqualität bewahren.
Wie z.B. eine Blinde die stickt (aus ihren gestrickten
Quadraten werden Decken für die Mission gefertigt). Ich kann nur jedem raten solchen Dienst mit seinen
vierbeinigen Freunden zu tun - es gibt einem eine tiefe Zufriedenheit.
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