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Die Geschichte des Vereins "Tiere helfen Menschen"

Graham Ford

Referat zum Thema "Tiergestützte Therapie"
anläßlich des zehnjährigen Bestehens des Vereins "Tiere helfen Menschen, e.V." in Würzburg, 1997

 

Der Verein "Tiere helfen Menschen e.V." wurde im Herbst 1987 gegründet. Initiatorin war die Tierärztin Dr. Brigitte von Rechenberg. Sie brachte die Idee aus den Vereinigten Staaten von Amerika mit. An der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität von Pennsylvanien wurde schon damals intensiv über die Mensch-Tier-Beziehung gearbeitet. Zum einen war den Tiermedizinern deutlich geworden, daß sie sich nicht nur um die Erkrankung der Tiere, sondern auch um deren Besitzer und Besitzerinnen kümmern mußten. Für die Beratung von Tierbesitzern wurden nicht nur Tierärzte und Tierärztinnen geschult, es wurden auch Sozialpädagogen eingestellt, die eine direkte Betreuung von Menschen übernahmen, die durch die schwere Erkrankung ihres Tieres betroffen waren oder die im Falle einer notwendig werdenden Euthanasie trauerten.
Mehr aber noch: Man hatte in Pennsylvanien erkannt, wie wichtig ein Haustier für "seinen Menschen" ist, insbesondere für seine Psyche und verbunden damit für sein körperliches Wohlbefinden und seine
soziale Teilhabe. Aber auch außerhalb der tiermedizinischen Kliniken waren unter dem Eindruck der Bedeutung von Mensch-Tier Beziehungen verschiedene Programme entstanden, die alle dasselbe Ziel verfolgten: Durch den Kontakt mit Tieren sollte Menschen eine Bindung an Lebewesen ermöglicht werden und so sollte zu einem verbesserten Wohlbefinden im körperlichen, im sozialen und psychischen Bereich beigetragen werden. In erster Linie wandte man sich zurückgezogenen, depressiven, kranken oder behinderten Menschen zu. Tiere verhalfen ihnen zu einem Aufbruch aus der
Isolation. Man entwickelte Besuchsprogramme, bei denen Ehrenamtliche mit ihrem Hund, manchmal mit ihrer Katze, ihrem Kaninchen oder Meerschweinchen in Krankenhäuser, Altersheime, Heime für geistig oder körperlich Behinderte oder auch in Gefängnisse gingen. Zudem wurde die Tierhaltung in solchen Institutionen angeregt. Viele PflegerInnen oder SozialpädagogInnen wurden motiviert, ihre eigenen Haustiere in die Institution
zu bringen. In speziellen Trainingszentren wurden Hunde zu Begleithunden ausgebildet, die analog dem Blindenhund etwa tauben Menschen helfen oder Menschen mit körperlichen Behinderungen zur vermehrten Unabhängigkeit führen. Auch die Hippotherapie wurde intensiviert und mit großem Erfolg eingesetzt. Nicht zuletzt wurden Tiere in der Psychotherapie eingeführt, um psychische Probleme (oft Kontaktstörung) von Kindern und Erwachsenen beheben zu helfen.

 

Die bedingungslose Nähe und Liebe, die den Menschen von ihren Tieren entgegengebracht wird, die damit verbundene Verantwortung und das Gefühl gebraucht zu werden, dies alles befriedigt elementare Bedürfnisse von Menschen. Zusammenleben mit Tieren bringt Zufriedenheit, Entspannung und oft Heilung von psychischem Druck. Sogar in der Behandlung von autistischen Kindern wird über positive Auswirkung von Tieren berichtet.

In Amerika wuchs bereits in den 70er Jahren eine Vereinigung, in der
Tierfreunde und Tierärzte, Verhaltensforscher, aber auch Sozialpädagogen und Pychologen mit der wissenschaftlichen Erforschung von Effekten der Mensch-Tier Beziehungen begannen. Frau von Rechenberg nahm solche Aktivitäten nicht nur zur Kenntnis, sie griff sie auch auf und es gelang ihr, in Deutschland Interesse und Begeisterung für die Idee zu wecken, daß Tiere ihren Menschen helfen. Sie startete in Würzburg den Versuch, praktisch und
theoretisch an der Mensch-Tier Beziehungen zu arbeiten und einige gezielte Projekte zu realisieren. Natürlich hatten alle Vereinsmitbegründer im Jahre 1987 - sechs Frauen und ein Mann - selber ihre Haustiere, und sie alle hatten in ihrem eigenen Leben oder im Bekannten- und Freundeskreis Erfahrungen über die heilbringende Wirkung von Tieren für Menschen gesammelt.

Sehr schnell stellte sich aber heraus, daß allein mit Begeisterung und
Überzeugung, mit viel Ideen und einigen Projekten nicht viel zu machen ist.
Immerhin war es erfreulich, daß der Verein bereits ein Jahr nach seiner Gründung etwa 70 Mitglieder zählte, daß viele Menschen mit Spenden ihre Sympathie für die Aktivitäten zeigten, und daß die Stadt Würzburg sowie der Caritasverband dem neugegründeten Verein wohlgesonnen waren. Das alles motivierte die kleine Gruppe, immer wieder bei Institutionen vorstellig zu werden, für geplante Projekte zu werben und sie letztendlich auch zu realisieren. So wurden Ende der 80er Jahre Besuchsprogramme in einem Behindertenheim, in einem Kinderheim und einem Altenheim ins Leben gerufen.
Freiwillige Helferinnen und Helfer gingen schon damals mit ihrem Tier zu Kindern, alten Menschen oder Menschen mit Behinderungen, sie stellten sich als Ehrenamtliche zur Verfügung, die etwas für andere tun und dabei gleichzeitig für sich selbst und für ihr Tier.

Weiterhin konnte schon bald ein Hippotherapieprogramm für körperlich
behinderte Kinder angeboten werden. Aufgrund einer großzügigen Spende konnte dafür ein Pferd angeschafft und unterhalten werden. Weitere Spenden ermöglichten es dem Verein, die Hippotherapie dauerhaft durchzuführen, denn deren Kosten sind erheblich und sie werden von den Krankenkassen in der Regel bisher nicht bezahlt.

Von 1992 bis 1994 wurde unter dem Vorsitz von Beate Sparding, einer
Sozialpädagogin, der Kontakt zu sozialen Einrichtungen, insbesondere zu Altersheimen, ausgebaut. Besuchsdienste und Tierhaltung in Würzburger Heimen wurden erweitert. Der Verein half bei der Anschaffung von Aquarien, beim Bau von Volieren, er vermittelte eine Stationskatze, Streichelhasen etc.
In dieser Zeit wurden auch die Medien auf den Verein und auf die Tatsache, daß Tiere den Menschen helfen, aufmerksam. Zahlreiche Fernsehbeiträge im ZDF, bei SAT 1, der Deutschen Welle, in der ARD und im MDR haben die Bekanntheit des Vereins in der BRD gestärkt und Kontakte zu vielen Menschen gebracht.

Zunächst in Zusammenarbeit mit Frau Sparding als Zweiter Vorsitzender des Vereins und ab 1994 als Erster Vorsitzender hat Graham Ford eine expansive Phase des Vereins eingeleitet. Durch Regionalgruppen in Erlangen, Frankfurt und Stuttgart, durch die Schwesternvereine "Tiere helfen Menschen in
Ostfriesland" und "Tiere helfen Menschen in der Schweiz" haben sich die Aktivitäten des Vereins auch außerhalb von Würzburg erweitert. Rege Aktivitäten von einzelnen Vereinsmitgliedern oder kleinen Gruppen laufen etwa in Coburg, in Crailsheim, in Darmstadt, Essen, Passau oder in Bad Mergentheim. Kontakte zu mehreren Vereinen, Stiftungen und Interessenvertretungen, die die Ideen von "Tiere helfen Menschen" unterstützen, wurden aufgenommen und intensiviert. Graham Ford übernahm die wichtige Rolle eines Informations- und Kontaktvermittlers zwischen den verschiedenen Personenkreisen. Auch die Wissenschaft konnte gefördert
werden. Literaturhinweise, Informationsmaterial oder Kontaktadressen wurden zur Unterstützung von über 50 Examens-, Diplom- und Doktorarbeiten an junge Studenten gegeben, deren Studien das Fundament für den weiteren Ausbau bilden sollen.

Die Möglichkeiten Tiere einzusetzen, um Menschen zu helfen, sind fast unbegrenzt. Es gibt schon Behinderten-, Begleit-, Gehörlosen-, Epilepsie-, Alzheimer- und Krebsspürhunde; wir wissen um viele Stationskatzen sogar um eine Katze, die schon mehreren Sterbenden in den letzten Tagen und Wochen ihres Lebens nahe war; es gibt Pferde für die Hippotherapie, das heilpädagogische Reiten, aber auch Pferde, zu denen Menschen eine sozial emotionale Beziehung unterhalten; es gibt Delphine in der Therapie und Besuchslamas, es gibt Affen, die Menschen mit Behinderungen helfen oder Kälber, die von schwer erziehbaren Mädchen aufgezogen werden. Und nicht

zuletzt wissen wir um die "ganz normalen" Vorteile von Heimtieren, die sie seit vielen tausend Jahren durch ihr schlichtes Dasein ihren Menschen gebracht haben. Wir arbeiten daran, die Erfahrung eines guten Zusammenlebens mit Tieren zu verbreitern. Gerade für ältere Menschen, für Alleinstehende und Heimbewohner gibt es noch viele Hindernisse gegen Tierhaltung zu überwinden. Dem Verein "Tiere helfen Menschen" wird es sicherlich im zweiten Jahrzehnt seines Bestehens nicht an Aufgaben fehlen.



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