Erfahrungen und Gedanken zum Klinikbesuchsdienst mit meinem Hund
Helga Dobrowolski
Referat zum Thema "Tiergestützte Therapie"
anläßlich des zehnjährigen Bestehens des Vereins "Tiere helfen Menschen, e.V." in Würzburg, 1997
Ungefähr zwei Jahre lang besuchte ich mit meiner Mischlingshündin Lisa einige geschlossene Abteilungen einer psychiatrischen Klinik.
Die Patienten litten an verschiedenen Krankheiten wie seniler Demenz, Depressionen und Suchtkrankheiten. Sehr viele Kranke waren in ihrer Gesamtpersönlichkeit reduziert, doch sie reagierten ausnahmslos positiv auf unsere wöchentlichen Besuche. Es fiel ihnen leichter, Empfindungen und Gefühle auszudrücken, wenn sie zuerst Kontakt mit dem Hund aufnahmen, sei es durch Streicheln, Füttern oder Ballspielen. Immer wieder beobachtete ich subtile Ausdrucksveränderungen oder feinste Bewegungen bei Schwerstgestörten durch das Berühren des Hundefells.
Viele Patienten hatten einen starken Bedarf an sozialer Zuwendung, die ausgelöst durch die Kontaktaufnahme mit meinem Hund sich auf mich übertrug, und ich geradezu überschüttet wurde mit Erzählungen aus ihrer Vergangenheit. Viele dieser Erzählungen waren für das Pflegepersonal vollkommen neu und führten oftmals zu Kontakten der Patienten untereinander.
Durch das unbefangene Eingehen auf den Hund wurden demnach verschüttete Ressourcen freigesetzt, die die gesamte Kommunikation in der Klinik positiv beeinflußten.
Mein eindruckvollstes Erlebnis aber war ein Gespräch mit einer suizidgefährdeten jungen Frau. Sie erzählte mir von ihrer sozialen Isolierung, von ihrer Einsamkeit und ihren Problemen.
Am Ende des Gesprächs stellte sie fest: "Hätte ich so einen Hund, so einen Freund gehabt, ich hätte nie versucht, mir das Leben zu nehmen." Das paßt gut zu dem schönen Satz: "Tiere sind lieb, wenn Menschen nicht mehr lieb sind."
Schließlich möchte ich anmerken, daß auch der Hund auf den Klinikbesuch reagiert:
Als würde er einen Teil der Sorgen der Patienten mit nach Hause nehmen, wirkt er danach völlig erschöpft und sinkt für mehrere Stunden in einen tiefen Schlaf. |